05 November 2012

Facebook und Datenschutz

Auf einer Mailingliste der Piraten habe ich heute einen Kommentar zu Facebook gelesen:
Für Datenschutz sein und gleichzeitig Facebook nutzen passt nämlich nicht zusammen.
Dieser Kommentar hat mich sofort ziemlich geärgert. Ich musste eine Weile darüber nachdenken, warum. Der Grund ist eigentlich ziemlich einfach: ich bin selbst "für Datenschutz", und ich habe mich bewusst für die Nutzung von Facebook entschieden.

Schließlich habe ich eine Antwortmail geschrieben, deren Inhalte ich hier (auf das Blog angepasst) wiedergeben möchte:
Genau! Für sexuelle Selbstbestimmung sein und gleichzeitig selbst Sex haben passt nämlich nicht zusammen.
Ich finde, derartig undifferenzierte Aussagen sind gerade der Piratenpartei nicht würdig.
Wenn ich für Datenschutz bin, dann heisst das, dass ich möchte, dass jeder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat, dass also jeder selbst entscheiden kann, was mit seinen Daten passiert, und dass entsprechende personenbezogene Daten auch entsprechend verarbeitet werden. Genauso wie ich möchte, dass mein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung geschützt wird.
Aber genauso wie ich es wichtig finde, dass Leute sich auch dafür entscheiden dürfen, Sex zu haben, möchte ich auch, dass Leute selbst entscheiden dürfen, ob sie ihre persönlichen Daten jemandem anderen zur Verfügung stellen. Und genau das tun sie im Falle von Facebook.
Man kann nun kritisieren, dass viele Nutzer scheinbar nicht wissen, was Facebook mit den Daten alles tut oder zumindest tun könnte, und das Facebook seine Benutzer auch nicht ausreichend auf diese Gefahren hinweist. Das ist dann ungefähr so, als würde man von der Zigarettenindustrie erwarten, dass sie die Warnhinweise "Rauchen verursacht Krebs!" freiwillig auf den Packungen anbringt. Wenn, dann müsste man das gesetzlich regeln. An der Stelle könnten wir Piraten aktiv werden.
Ich warne aber davor, davon auszugehen, dass das etwas an der Situation ändern würde, also beispielsweise dass dann weniger Leute Facebook nutzen würden. Ich denke, dass sich viele Leute der Datenschutzproblematik bei Facebook durchaus bewusst sind - sie diese aber in Kauf nehmen.
Ich kann in diesem Zusammenhang nur wärmstens nochmals den folgenden Vortrag von der re:publica 2010 empfehlen, den ich schon einmal hier im Blog empfohlen habe:

Aus meiner Sicht stellt der Kommentar genau eine der Plattitüden der "Digital Visitors" dar, die üblicherweise glauben, dass die "Digital Residents" nur nicht genügend darüber wissen.

Als Piratenpartei sollten wir vorsichtig sein, durch derartige Aussagen potentielle Wähler zu vergraulen.